Kündbarkeit eines Pferdeeinstellungsvertrags

Jederzeitige Kündbarkeit

Das Amtsgericht Neuss hat sich in einem Urteil vom 06. Juni 2012 – 101 C 4136/11 – mit der Rechtsnatur des Pferdeeinstellungsvertrags befasst.

Es hat sich der überwiegenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte angeschlossen, wonach Pferdeeinstellungsverträge als entgeltliche Verwahrungsverträge zu behandeln sind, deren rechtliche Beurteilung sich aus §§ 688 bis 700 des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergibt. Gemäß § 695 BGB kann der Hinterleger die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist.

Ein Pferdebesitzer hat also das Recht, einen Einstellungsvertrag jederzeit durch Herausnahme des Pferdes aus dem Stall zu beenden.

Das gilt auch, wenn der Vertrag - was selten vorkommt - eine vereinbarte Festlaufzeit hat.

In dem vom Amtsgericht Neuss entschiedenen Fall ging es um vier inhaltlich gleichlautende, von dem Stallbetreiber vorgelegte Standardverträge, die eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende vorsahen. Bei den Verträgen handelte es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, da sie von dem Stallbetreiber vorformuliert und nicht im Einzelnen mit dem Einstaller ausgehandelt waren. Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind.

Da die in den Verträgen vorgesehene Kündigungsfrist deutlich von dem gesetzlichen Leitbild der jederzeitigen Kündbarkeit abwich, war sie unwirksam.
Der Einstaller war sofort und ohne Angabe von Gründen berechtigt, seine Pferde aus dem Stall herauszunehmen. Damit endete der Anspruch des Reitstallbetreibers auf die mit dem Einstaller vereinbarten monatlichen Zahlungen. Die von dem Stallbetreiber gegen das Urteil des Amtsgerichts beim Landgericht Düsseldorf erhobene Berufung (Az.: 23 S 248/12) nahm er auf den Hinweis, dass die Entscheidung des Amtsgerichts richtig sei, zurück.

In der Praxis bedeutet diese Entscheidung für die Reitstallbetreiber, die ebenfalls als allgemeine Geschäftsbedingungen zu verstehende Standardverträge verwenden: Sie müssen damit rechnen, dass ihre Einstaller ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist den Stall verlassen und ihre Zahlungen einstellen.
Das kann nur durch eine individuelle, auch noch nach Vertragsbeginn mögliche Ergänzungsvereinbarung zwischen Einstaller und Stallbetreiber verhindert werden. Sofern ein Einstaller zu einer solchen Ergänzungsvereinbarung nicht bereit ist, hat der Stallbetreiber zwei Alternativen: Entweder setzt er den Vertrag mit dem Risiko seines jederzeitigen Endes fort oder macht von der ihm zustehenden Möglichkeit Gebrauch, den Vertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist zu beenden. Er darf sich nämlich auf die Unwirksamkeit der von ihm vorgegebenen vertraglichen Regelung nicht berufen.

Rechtsanwalt Andreas Haas, Düsseldorf


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